Jemand verstirbt im Hospiz – Welches Nachlassgericht ist zuständig?
Kategorie: Nachlassabwicklung
Der Tod eines geliebten Menschen bringt nicht nur Trauer, sondern auch die Pflicht mit sich, den Nachlass zu regeln. Dabei ist die Zuständigkeit des Nachlassgerichts entscheidend. Was aber, wenn die verstorbene Person in einem Hospiz war – zählt das Hospiz als Wohnort?
Grundregel: Zuständigkeit des Nachlassgerichts
Normalerweise ist das Nachlassgericht zuständig, das am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen liegt. Das bedeutet, dass das Gericht in der Stadt oder dem Bezirk entscheidet, wo die verstorbene Person zuletzt gewohnt hat. Der gewöhnliche Aufenthalt ist der Ort, an dem der Mensch seinen Lebensmittelpunkt hatte. Das Gesetz bezieht sich auf die sozialen Bindungen, den Lebensmittelpunkt und den Willen, an diesem Ort zu leben.
Der Fall: Tod im Hospiz, aber was ist der gewöhnliche Aufenthaltsort?
Lassen Sie uns einen typischen Fall anschauen: Eine Frau lebte viele Jahre in ihrer Mietwohnung. Kurz vor ihrem Tod zog sie in ein Hospiz in einer anderen Stadt, um dort ihre letzten Wochen oder Monate zu verbringen. Als sie verstarb, stellte sich die Frage, welches Nachlassgericht zuständig ist: das Gericht in der Stadt der Mietwohnung oder das Gericht am Ort des Hospizes?
Hospiz begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt
In solchen Fällen gilt eine klare Regel: Ein Hospiz wird nicht als gewöhnlicher Aufenthaltsort betrachtet. Der Grund ist, dass ein Hospiz meist nur für die letzte Lebensphase aufgesucht wird – in der Regel für wenige Wochen oder Monate. Es dient dazu, Menschen in ihren letzten Tagen zu begleiten, ist aber nicht der Ort, an dem jemand dauerhaft leben möchte.
Der entscheidende Punkt ist der Lebensmittelpunkt: Solange die verstorbene Person nicht ihre bisherige Wohnung aufgegeben hat und der Umzug ins Hospiz nur aus gesundheitlichen Gründen erfolgte, bleibt der vorherige Wohnort der „gewöhnliche Aufenthaltsort“. Auch wenn die Person plant, nicht mehr zurückzukehren, weil sie weiß, dass sie im Hospiz versterben wird, zählt das Hospiz nicht als gewöhnlicher Aufenthaltsort.
Das Oberlandesgericht Braunschweig hat dies in einem Beschluss aus dem Jahr 2022 bestätigt (Beschl. v. 7.2.2022, Az.: 9 W 3/22): Das Hospiz wird nicht zum gewöhnlichen Aufenthalt, da der Aufenthalt dort durch den Tod endet und nicht durch eine Rückkehr in das normale Leben.
Woran erkennt man den „gewöhnlichen Aufenthaltsort“?
Es gibt mehrere Kriterien, die den gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Person bestimmen:
- Soziale Bindungen: Wo hat die Person Freunde, Familie und berufliche oder private Verpflichtungen?
- Wohnsituation: Ist die bisherige Wohnung noch vorhanden und wird sie weiterhin als Wohnsitz angesehen?
- Dauer und Wille des Aufenthalts: Plant die Person, an ihrem Aufenthaltsort längerfristig zu bleiben? Oder ist der Aufenthalt nur vorübergehend, wie im Fall eines Krankenhauses oder Hospizes?
- Persönlicher Lebensmittelpunkt: Dies ist der Ort, an dem die Person ihr Leben hauptsächlich verbringt, nicht nur aufgrund äußerer Umstände, wie z. B. einer Krankheit.
Praktische Auswirkungen auf den Erbfall
Für die Hinterbliebenen ist es wichtig zu wissen, dass der Nachlass dort abgewickelt wird, wo der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte – in unserem Fall also die Stadt, in der die Mietwohnung der Verstorbenen war, und nicht die Stadt des Hospizes. Das bedeutet, dass die Erben sich an das Nachlassgericht am Wohnort der Mietwohnung wenden müssen, um den Nachlass zu regeln, z. B. einen Erbschein zu beantragen.
Zusammenfassung: Was sollten Sie wissen?
- Das Hospiz ist kein gewöhnlicher Aufenthaltsort: Auch wenn jemand im Hospiz verstirbt, bleibt der Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts in der Regel der vorherige Wohnort.
- Das Nachlassgericht am letzten Wohnort ist zuständig: Das Gericht in der Stadt, in der der Verstorbene zuvor gelebt hat, regelt den Nachlass.
- Der Lebensmittelpunkt ist entscheidend: Der gewöhnliche Aufenthaltsort wird durch den Lebensmittelpunkt bestimmt – also wo die Person soziale Bindungen und ihren Alltag hatte.
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