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Wann verjähren pflichtteilsrechtliche Ansprüche?

Kategorie: Nachlassabwicklung

Regelmäßig spielen die Verjährungsfristen im Pflichtteilsrecht eine große Rolle. Beim Pflichtteilsanspruch ist Vorsicht geboten.

Die Verjährungsfrist des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch beträgt grundsätzlich drei Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von dem Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Bei Gerichten ist häufiger Streitgegenstand, wann nun diese Frist zu laufen beginnt oder wann sie verjährt. Damit musste sich das Oberlandesgericht München beschäftigen:

Die Beklagten erben zu ½ und erheben die Einrede der Verjährung    

Die Erblasserin ist 2014 verstorben und hat ihre Enkelinnen im Testament als Erben eingesetzt. Die Klägerinnen sind weitere Töchter der Erblasserin. Der Erbschein wurde am 28.11.2016 ausgestellt mit dem Inhalt, dass die Beklagten zu je ½ geerbt haben. Die hiergegen gerichteten Beschwerden vom 21.12.2016 der Klägerin wurde vom Oberlandesgericht München zurückgewiesen

Die Klägerinnen machen mit einer Stufenklage am 03.09.2020 in erster Stufe Auskunftsansprüche geltend, wobei die Beklagte mit der Zwischenfeststellungswiderklage die Verjährung der Pflichtteilsansprüche anrügt.

Das Erstgericht wies dies ab mit der Begründung, dass die Verjährungsfrist mit der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts im Nachlassverfahren zu laufen begonnen habe, da die Klägerinnen zu dem Zeitpunkt Kenntnis der Verfügung erhalten hätten.  

Beklagte: „Verjährung hat bereits mit Erlass des Erbscheins begonnen“

Die Beklagten meinten, dass der Pflichtteilsanspruch bereits verjährt ist. Die Frist habe bereits mit Abschluss des Jahres 2016 begonnen und sei zum 31.12.2019 abgelaufen, so dass die Klage erst nach Verjährung des Pflichtteilsanspruchs erhoben worden sei. Die Kenntnis ist je nach Einzelfall zu bewerten und kann fehlen, wenn der Berechtigte infolge von Tatsachen- oder Rechtsirrtum davon ausgeht, die ihm bekannte Verfügung sei unwirksam und entfalte daher für ihn keine beeinträchtigende Wirkung.

Das Oberlandesgericht München gibt der Beklagten insoweit Recht, wonach die Frist mit dem Schluss des Jahres 2016 begonnen hat. Die erhobene Beschwerde zeige, dass die Klägerinnen Kenntnis um die beeinträchtigende Verfügung hatte.

Mit Beschluss des Nachlassgerichts lässt sich die Kenntnis des Klägers begründen

Das umfassende Beweisverfahren hat keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit oder sonst eine Manipulation oder Fälschung des Testaments ergeben. Auch ein umfangreicher Sachverhalt verschiebe nicht den Zeitpunkt der Kenntnis, nachdem die Verjährungsfrist schon begonnen hat (BGH v. 17.12.2020-VI ZR 739/20).

Die Pflichtteilsansprüche sind demnach verjährt.

Die Verjährung der Pflichtteilsansprüche lässt den Pflichtteilsergänzungsanspruch unberührt

Zwar hat das Gericht dem Beklagten zugestimmt, dass der Pflichtteilsanspruch verjährt sei, jedoch bleibe der Pflichtteilergänzungsanspruch davon unberührt. Damit stehe den Klägern noch ein Auskunftsanspruch zu und das Teilurteil des Erstgerichts wurde bezüglich diesem Anspruch aufrechterhalten.

Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsanspruch – das ist zu beachten! 

Der Pflichtteil steht einem bestimmten Personenkreis zu und stellt eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Erbe dar, wobei mit dem Erbfall der Pflichtteilsanspruch entsteht und grundsätzlich nach drei Jahren verjährt. Im Pflichtteilsrecht beträgt der Pflichtteilsanspruch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und muss in Form von Geld ausgezahlt werden, wobei der Pflichtteilsanspruch immer entsteht, wenn eine pflichtteilsberechtigte Person enterbt wurde.

Wer einen Anspruch auf den Pflichtteil hat, ist im BGB geregelt und umfasst die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel), den Ehegatten und wenn der Erblasser keine Kinder hat, dessen Eltern.

Achtung: Die Verjährung erbrechtlicher Ansprüche im Pflichtteilsrecht ist sehr komplex und kann bei jedem Erbfall einen anderen Verjährungsbeginn haben. Es kann auch zu einer Hemmung der Verjährung kommen, zum Beispiel wenn der Pflichtteilsberechtigte unauffindbar ist oder der Aufenthaltsort vom Pflichtteilsberechtigten nicht bekannt ist.

Das Team der lightzins eG verfügt über umfassende Kenntnisse und langjährige Erfahrungen im Bereich des Erbrechts und des Pflichtteilsrechts und ist bestrebt, maßgeschneiderte Lösungen für jede individuelle Situation zu entwickeln und steht Ihnen mit starkem Engagement zur Seite. Vereinbaren Sie hierzu einen Besprechungstermin, einen Telefontermin oder senden Sie uns eine E-Mail.

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Über den Autor

Klaus Dieter Girnt, lightzins eG

Klaus Dieter Girnt

Vorstand der lightzins eG

Klaus Dieter Girnt setzt sich seit mehr als 30 Jahren dafür ein, dass Menschen im Alter Ihren Lebensstil beibehalten können und alle Möglichkeiten nutzen, um ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse bestmöglich abzusichern. Girnt ist u.a. Dozent bei der VHS Bochum, Berufs-Nachlasspfleger (DVEV), Testamentsvollstrecker (DVEV), Bafa- und KfW-akkreditiert und Gründungsmitglied der lightzins eG.